Montag, 29. November 2010

Weser-Kurier-Geschäftsführung soll "Tarifflucht" rückgängig machen - Forderung von ver.di-Kolleginnen und -Kollegen...

Seestadtpresse Bremerhaven - Die Entscheidung der Verlagsleitung der Bremer Tageszeitungen AG (BTAG), Teile der Belegschaft aus der vertraglichen Tarifbindung herauszunehmen, wird in einer Erklärung norddeutscher ver.di-Betriebsräte heftig kritisiert.

"Wir sind betroffen und bestürzt über diese Nachricht", heißt es in einem Brief vom 20. November 2010 an alle Beschäftigten der Bremer Tageszeitungen AG.

Und weiter: "Aber wir sind selbst als Arbeitnehmervertreter tätig und wissen, was jetzt zu ist: Sich wehren, Kopf hoch und vereint mit allen Kolleginnen und Kollegen 'NEIN' sagen."

Die Entscheidung der BTAG-Geschäftsführung wird in dem Brief als "Respektlosigkeit gegenüber den Kolleginnen und Kollegen" charakterisiert. Diese Entscheidung symbolisiere "die seit längerer Zeit zu beobachtende Abkehr von sozialer Verantwortung und einer von Anstand geprägten Unternehmenskultur".

Der Appell: "Wehrt Euch gemeinsam gegen die Angriffe auf die Verbindlichkeit Eurer Tarifverträge. Lasst Euch nicht zu Bittstellern machen, die zukünftig von der Laune des Vorstandes abhängig sind, über Jahrzehnte erkämpfte tarifliche Leistungen zu müssen."

Donnerstag, 25. November 2010

Terrorwirrwarr in den deutschen Medien - Nordsee-Zeitung in der Wirrnis wieder mittenmang...

Seestadtpresse Bremerhaven - Grelle Spekulationen über angebliche Terrorgefahren und ein munteres Spiel mit den Ängsten der Bevölkerung - daran beteiligten sich in den vergangenen Tagen die meisten deutschen Medien.

Auch die Nordsee-Zeitung in Bremerhaven spekulierte und spielte  entschlossen mit über "Attentate", "Terror-Angst" und "El-Kaida".

Reichlich nebulöses Terrorgefasel in der Presse - auch die Nordsee-Zeitung wollte sich die Chancen offensichtlich nicht entgehen lassen...
Der große Widerspruch zwischen riesiger Angstmacherei und mickeriger Faktenlage war auffällig und reichte gelegentlich bis in die einzelnen Zeitungen hinein.

So hievte die Nordsee-Zeitung am 24. November 2010 die Schlagzeile "Terror-Angst befeuert Sicherheitsdebatte" auf die Titelseite, während sie gleichzeitig auf Seite 3 vom "Hohn und Spott im Netz über die Terroristenjagd" berichtete.

Einen ganz aufschlussreichen Überblick über "Medien und Minister im Terrorwahnsinn" lieferte am 24. November 2010 das NDR-Medienmagazin "Zapp".

Dienstag, 23. November 2010

In der Krise zahlen wieder die kleinen Leute die Zeche, nachdem die Eliten abgesahnt haben - Die Süddeutsche Zeitung über "Not in Irland"...

Seestadtpresse Bremerhaven - "Vom irischen Wirtschaftswunder haben vor allem die Unternehmer-Clans, die 'fat cats', profitiert. Die Rechnung dafür zahlen nun Arbeitslose und arme Familien" - mit diesen beiden Sätzen beginnt ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung vom 23. November 2010, der sich mit "Irland in Not" beschäftigt. 

Am Ende dieses Textes heißt es, dass die irische Regierung nun "den Rotstift unter anderem bei Sozialleistungen ansetzen" wolle, wie etwa bei Zuwendungen an Kinder und Arbeitslose. Auch die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes müssten mit weiteren Kürzungen rechnen, obgleich sie schon Anfang des Jahres Gehaltseinschnitte hinzunehmen hatten.

Und weiter: "Die niedrigen Unternehmenssteuern will Irland nicht antasten. Gewerkschaften, aber auch Wohlfahrtsverbände, warnen davor, dass die Einsparungen vor allem zu Lasten der Armen und Mittellosen gehen. Befürchtet wird eine Spaltung der Gesellschaft. 'Die Elite hat vom vergangenen Boom am meisten profitiert. Jetzt trifft es wiederum die am unteren Ende der Gesellschaft', sagt Gewerkschaftsführer Jack O'Connor." (Hervorhebungen DK)

Ob es sein könnte, dass am Beispiel Irlands aktuell nur etwas ungeschminkter ausgesprochen wird, was andernorts auf der Welt längst in immer krasserem Maße passiert - auch in Deutschland?

Handelsblatt und Prognos bescheinigen der Stadt Bremerhaven ein "Zukunftsrisiko" - Die Nordsee-Zeitung hat darüber sicher schon berichtet...

Seestadtpresse Bremerhaven - Die beliebten Tabellen über die wirtschaftliche Dynamik und die Risiken einzelner Städte und Regionen haben ihre Tücken - das ist allseits bekannt.

Gleichwohl spielen diese sogenannten "Rankings" in der Lokalpresse eine Rolle, wenn sie der eigenen Region gute Chancen bescheinigen. Ist das Gegenteil der Fall, schweigen die journalistischen Wirtschaftsförderer sehr gerne.

Nehmen wir ein Beispiel für Bremerhaven. Im Handelsblatt findet sich unter dem Datum 15. November 2010 eine Infografik der Firma Prognos unter der Überschrift "Alle Städte und Kreise im Test". Es handelt sich um einen  "Zukunftsatlas" von Prognos auf der Basis von 29 Indikatoren.

Bremerhaven erscheint da in blauer Farbe. Das bedeutet "Hohe Zukunftsrisiken". In den Jahren 2004 und 2007 ging Prognos für Bremerhaven nur von "Zukunftsrisiken" aus.

Auf dem allerletzten Platz dieses Rankings findet man den Landkreis Demmin - Platz 412. Bremerhaven wird der Platz 373 zugewiesen. 

Im Jahre 2004 (also vor sechs Jahren) rangierte Bremerhaven im Zukunftsatlas noch auf Platz 367 von 439.

Was das Kriterium "Soziale Lage & Wohlstand" angeht, steht Bremerhaven allerdings auf dem allerletzten Platz - noch hinter dem Landkreis Demmin. 

Bei den Kriterien "Dynamik" und "Demografie" hat Bremerhaven laut Prognos seine Zukunftsaussichten erheblich verbessert. Ganz anders sieht es bei den Kriterien "Arbeitsmarkt" und "Wettbewerb & Innovation" aus - da haben sich Bremerhavens Aussichten teilweise deutlich verschlechtert.

Die Grafik im Handelsblatt ermöglicht Vergleiche.

Wenn etwa Bremerhaven mit Wilhelmshaven verglichen wird, schneidet Bremerhaven insgesamt schlechter ab. 

Im Vergleich mit dem Landkreis Demmin steht Bremerhaven besser da, und zwar in allen Kriterien bis auf eines: In puncto Wohlstand hat der Kreis Demmin die besseren Karten, meint Prognos.

Auch wenn solche Rankings wegen der oft nicht durchschaubaren Kriterien mit Skepsis zu betrachten sind, bleibt es ganz interessant, einmal einen solchen vergleichenden Blick auf die eigene Stadt und ihren speziellen Mix von Chancen und Risiken zu werfen.

Vermutlich habe ich die Berichterstattung in der Nordsee-Zeitung über die hier ermittelten, wenig erquicklichen Aussichten Bremerhavens übersehen. Das könnte in einem solchen Fall der Ausfluss des erwähnten Prinzips der "journalistischen Wirtschaftsförderung" sein.

Nachtrag 23. November 2010: Tatsächlich habe ich die Berichterstattung in der Nordsee-Zeitung vom 16. November 2010 übersehen. Das war insofern nicht allzu schwer, als die schlechte Bremerhavener Einstufung unter der Überschrift "Zukunft im Norden eher mau" daher kam. "Süden hängt den Rest der Republik ab", lautet die Parole. Bremerhaven wird im Text eher nebenbei erwähnt: "Bremerhaven rangiert weit hinten", ist zu lesen. 

Donnerstag, 18. November 2010

Medien sichern Machtpositionen unserer Eliten - Interessen der Mehrheit spielen kaum noch eine Rolle...

Seestadtpresse Bremerhaven - Der Publizist Albrecht Müller, unter anderem Initiator der Nachdenkseiten, beschäftigt sich in seinem neuen Buch "Meinungsmache. Wie Wirtschaft, Politik und Medien uns das Denken abgewöhnen wollen" mit der medialen Erzeugung des Gedankengespinstes, das die Machtpositionen unserer Eliten absichert.

Ein kurzer Auszug aus der Vorbemerkung von Albrecht Müller:

"Wer über viel Geld und / oder publizistische Macht verfügt, kann die politischen Entscheidungen massiv beeinflussen. Die öffentliche Meinungsbildung ist zum Einfallstor für den politischen Einfluss der neoliberalen Ideologie und der damit verbundenen finanziellen und politischen Interessen geworden. In einer von Medien und Geld geprägten Gesellschaft ist das zum Problem der Mehrheit unseres Volkes geworden, zum Problem des sogenannten Mittelstands und vor allem der Arbeitnehmerschaft und der Gewerkschaften, denn diese Mehrheit und ihre Interessen werden zunehmend kaltgestellt. Das erklärt die breite und wachsende Kluft zwischen den Interessen der Mehrheit und den von oben eingeleiteten politischen Entscheidungen."

Das ist selbstverständlich nichts als eine sehr allgemeine Zusammenfassung der Lage, die sich aber auch an lokalen Presseerzeugnisse wie der "Nordsee-Zeitung" ganz gut erkennen lässt. Im Buch "Meinungsmache" gibt es dazu mehr Stoff - das zeigen schon die Leseproben, die hier anzusteuern sind.

Aktuelle Beispiele für das Versagen vieler Medien sind immer wieder auf den Nachdenkseiten zu finden, beispielsweise hier.

Mittwoch, 17. November 2010

Unternehmerlobby des Bremer Tabak-Collegiums mit sehr ausgewählten Gästen - Pressevertreter nur von der politischen Rechten?

Seestadtpresse Bremerhaven - "Das Bremer Tabak-Collegium ist eine in den 1950er Jahren von Bremer Kaufleuten begründete Gesprächsrunde zu Themen der Zeitgeschichte mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft und Kultur", lautet ganz harmlos der Einleitungssatz bei Wikipedia.

Es handle sich um eine "freie Gesprächsrunde", zu der "Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens" eingeladen würden, "um sich miteinander im liberalen Geist über aktuelle Themen auszutauschen". Es sei "eine reine Herrenrunde, die sich der Pflege bremischer Tradition und Kultur verpflichtet fühlt". Und weiter: "Die Collegien finden zweimal im Jahr an stets wechselnden Orten in Deutschland aber auch in EU-Staaten statt. Sie dienen der Pflege der Beziehungen Bremens."

Das Tabak-Collegium unterhält eine eigene Webseite. Dort werden die Zusammenkünfte dokumentiert, einschließlich der Gästelisten.

Auch die bekannten bremischen Politikgestalter wie Henning Scherf, Jens Böhrnsen, Josef Hattig, Heiner Heseler, Ralf Nagel, Jörg Kastendiek, Thomas Röwekamp und Jörg Schulz  tauchen selbstverständlich auf diesen Gästelisten auf.

Man nehme als Beispiel die Gästeliste der 162. Zusammenkunft am 19. September 2006 im Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

An diesem Tag durften laut Liste aus Bremerhaven nur Oberbürgermeister Jörg Schulz und Ingo Kramer als Präsident der Unternehmensverbände im Land Bremen teilnehmen.

Im Kreise der Unternehmer, Richter, Anwälte, Wissenschaftler, Unternehmensberater und anderer Geschäftsleute waren auch Politiker vertreten, darunter Bundesminister Wolfgang Schäuble, Ministerpräsident Georg Milbradt, der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung und Ex-Bundesminister Rupert Scholz.

In dieser honorigen Versammlung deutschen Führungspersonals waren zwei Vertreter der Presse mit dabei - der seinerzeitige Chefkorrespondent der Tageszeitung Die Welt und der Chefredakteur der Wochenzeitschrift Junge Freiheit.  

Über die Junge Freiheit schreibt Wikipedia sehr vorsichtig, das Blatt verstehe sich "als unabhängiges, konservatives Medium".

Manche Wissenschaftler ordneten diese Zeitung allerdings "als Sprachrohr der Neuen Rechten sowie als Medium mit 'Scharnier-' oder 'Brückenkopf'-Funktion zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus ein".


Manchmal sind Blicke auf solche Gästelisten ganz interessant, weil man eine Ahnung bekommt, in welchen personellen und geschäftlichen Geflechten die wichtigen politischen Entscheidungen in unseren Regionen heranwachsen oder beeinflusst werden...

Mittwoch, 10. November 2010

100-Millionen-Euro-Zuschuss für das Deutsche Schiffahrtsmuseum geplatzt - Nordsee-Zeitung war am voreiligen Hinaustrompeten der Behauptung gut sichtbar beteiligt...

Seestadtpresse Bremerhaven - Am 5. September 2010 hätte das Deutsche Schiffahrtsmuseum seinen 35. Geburtstag feiern können, aber die Zeiten stehen im Hause seit längerer Zeit auf Sturm.


Und nun ist auch noch der große Traum vom 100-Millionen-Euro-Zuschuss der Bundesregierung geplatzt.

In der Nordsee-Zeitung vom 9. November 2010 musste sich die Museumsdirektorin Ursula Warnke kräftige Vorwürfe anhören, weil sie schon sehr früh die angeblich sichere Finanzierung in die Öffentlichkeit hinaus trompetet habe.

Diese Kritik der Nordsee-Zeitung ist unredlich, weil sie die eigene Rolle beim naiven Hinaustrompeten der angeblich sicheren Finanzierung großartiger Neubauten einfach verschweigt.

Denn ohne die Nordsee-Zeitung hätte Ursula Warnke die Bremerhavener Öffentlichkeit gar nicht in dieser Breite erreichen können.

Ein kurzer Blick zurück: Den Anfang mit dem Hinaustrompeten von Falschmeldungen machte die Bremerhavener Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIS. In ihrer Pressemitteilung 93/08 behauptete sie frech: "40 Millionen für das Nationalmuseum" und weiter: "Mehr Platz, mehr Ausstellungen und mehr Attraktionen - das Deutsche Schiffahrtsmuseum bekommt den lang ersehnten Anbau".

Eine schlichte Falschmeldung, wie auch DSM-Direktor Lars Ulrich Scholl gegenüber dem Weser-Kurier vom 25. November 2008 einräumte. "Soweit ist es noch längst nicht", stellte er sachlich fest. Überschrift im Weser-Kurier: "Frohlocken kam zu früh".

Am 11. Juli 2009 stieg dann die Nordsee-Zeitung mit einem Aufmacher im Lokalteil ganz groß ein.

Nordsee-Zeitung vom 11. Juli 2009: "Alles neu für 100 Millionen Euro"
Unter der Überschrift "Das Warten hat sich gelohnt" kommentierte NZ-Chefredakteur Jost Lübben: "Was für eine gute Nachricht für das Deutsche Schiffahrtsmuseum und die Stadt Bremerhaven! 90 Millionen Euro stehen vom Bund für den Umbau zur Verfügung."

Im zugehörigen Bericht behauptet die Nordsee-Zeitung sogar: "Dieses Geld ist im Etat des Ministeriums bereits eingeplant."

Der Weser-Kurier formulierte am gleichen Tag korrekt (und sehr viel vorsichtiger): "Nach Warnkes Worten hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung seine Bereitschaft signalisiert, ab 2010 schrittweise 90 Millionen Euro für die geplanten Aktivitäten bereitzustellen."

Nordsee-Zeitung vom 9. November 2010: "Traum vom 90-Millionen-Euro-Zuschuss des Bundes für Umbau des DSM ist geplatzt"
Wenn der NZ-Kommentator nun in der Ausgabe vom 9. November 2010  schreibt "Da hat die Direktorin Ursula Warnke im vergangenen Jahr wohl etwas zu früh die Sektkorken knallen lassen", dann darf hinzugefügt werden:

"Die Nordsee-Zeitung hat sich auch in diesem Fall am voreiligen Knallenlassen der Sektkorken kräftig mit beteiligt."

Dienstag, 9. November 2010

"Deutscher Tourismuspreis": Auch der zweite Text in der Nordsee-Zeitung ist ein fast wortgetreuer Nachdruck einer Pressemitteilung - Trauriger Verlautbarungsjournalismus geht weiter...

Seestadtpresse Bremerhaven - Monopolisten können fast sicher sein, dass ihnen kaum jemand auf die Schliche kommt, wenn sie Unsinn verzapfen oder Nachlässigkeiten praktizieren. Auch die Nordsee-Zeitung nutzt ihre Monopolstellung immer wieder aus.

Ein weiteres Beispiel dafür liefert der angeblich so bedeutsame, tatsächlich aber weitgehend unbekannte "Deutsche Tourismuspreis", den die Havenwelten in der Konkurrenz gegen ein Jugendprojekt auf der Insel Rügen nicht gewinnen konnten.



Warum nur haben die vielen hundert Millionen Euro gegen ein paar zehntausend verloren? Wer in der Nordsee-Zeitung Antwort auf solche kritischen Fragen sucht, sucht immer häufiger vergeblich.

Denn in der Nordsee-Zeitung vom 6. November 2010 wird erneut eine Pressemitteilung abgedruckt. Die letzte kam vom Magistrat, diese stammt von der Bremerhavener Wirtschaftsförderungsgesellschaft BIS.

"Havenwelten beste Destination beim Deutschen Tourismuspreis", formuliert die BIS ziemlich trickreich, denn da wird ein Preisgewinn suggeriert, den es überhaupt nicht gab.

Und dann wird es in der BIS-Pressemitteilung nicht nur noch trickreicher, sondern endgültig lügenhaft: "Erbauer und Betreiber der Havenwelten feiern in Essen den Tourismus-Oskar". 

Schließlich feiert hier nur der Verlierer im Wettbewerb um den angeblichen Tourismus-Oskar gemeinsam mit dem Sieger, und das wird in der Formulierung von der gemeinsamen Feierei ziemlich plattköpfig verschleiert.

Für die Redaktion der Nordsee-Zeitung spielen solche Fragen von Propaganda und Wahrheit offensichtlich keine Rolle. Sie druckt den Text der BIS-Pressemitteilung fast wortgetreu ab. Nur am Anfang wird etwas eingefügt, und der letzte Absatz fehlt.

Verlautbarungsjournalismus hat zwar nicht mehr viel mit der eigentlichen Aufgabe des Journalismus zu tun, aber er ist eindeutig billiger.

Das ist vielleicht wahr, aber auch sehr traurig.

Montag, 8. November 2010

Der deutsche Journalismus als "gläubiger Diener des Mainstreams" - Traurige Bilanz der Berichterstattung über die große Finanzkrise in eine Studie für die Otto-Brenner-Stiftung...

Seestadtpresse Bremerhaven - Den aktuellen Ereignissen hinterher hecheln statt ihre Hintergründe zu erläutern - so charakterisiert eine Studie im Auftrag der Otto-Brenner-Stiftung den deutschen Wirtschaftsjournalismus während der jüngsten großen Finanz- und Wirtschaftskrise. Es sei wenig brauchbare Information und viel Desorientierung geboten worden.

Oder etwas anders ausgedrückt: "Der tagesaktuelle deutsche Wirtschaftsjournalismus ist ein gläubiger Diener des Mainstreams, kein kritischer Träger der Aufklärung." 

Wem bei einer solchen Aussage die Bremerhavener Nordsee-Zeitung einfällt, dürfte der Wahrheit ziemlich nahe kommen.

Autoren der Studie sind Dr. Hans-Jürgen Arlt und Dr. Wolfgang Storz. Der Titel ihrer Arbeit, die von der Otto-Brenner-Stiftung als Band 63 der Arbeitshefte herausgegeben wurde, lautet "Wirtschaftsjournalismus in der Krise. Zum massenmedialen Umgang mit Finanzmarktpolitik".

Viel zu sehr im Vordergrund der Berichterstattung stehen laut Analyse von Arlt und Storz die Verlautbarungen der Regierung und der Banken selbst, denen damit die Deutungshoheit der Krise überlassen wird.

Zwar gibt es erkennbare Unterschiede zwischen den großen Zeitungen wie FAZ, Süddeutsche Zeitung und taz, aber insbesondere in der Anfangsphase der großen Krise kommt die kritische Beurteilung bei allen viel zu kurz.

Statt dessen beobachten die Autoren eine Nachrichtenproduktion in der Art eines "Informationswühltisches", der durch "Faktensammlerfleiß und Reflexionsfaulheit" gekennzeichnet sei. Erst in der Schlussphase der Krise ändert sich ihrer Meinung das Bild ein wenig, und es kommt zu einem gewissen Perspektivenwechsel.

Als besonders schlecht beurteilen die Autoren die journalistische Arbeit der ARD (Tagesschau und Tagesthemen) und der Presseagentur dpa.

Da die Agentur dpa in großem Ausmaß die kleineren regionalen Zeitungen wie die Nordsee-Zeitung beliefert, sieht dort die Berichterstattung über die Finanzkrise auch besonders traurig aus.

Eine Zusammenfassung der Ergebnisse der Studie ist auch auf den Nachdenkseiten unter dem Datum 30. März 2010 nachzulesen.

Samstag, 6. November 2010

Nordsee-Zeitungs-Verlag dreht dem Magazin "Deichhelden" den Hals ab - Ein Bericht im Blog "Na Blogo"...

Seestadtpresse Bremerhaven - Über das klammheimliche Ende des kuriosen Magazins "Deichhelden" aus dem provinziellen Verlagshaus Ditzen berichtet Frank Miener in seinem Blog "Na Blogo" am 6. November 2010.

Beim Klick auf "www.deichhelden.de" erscheint nun die Nordsee-Zeitung mit ihrem nicht gerade begeisternden und aktuellen Internet-Auftritt.

Ein Verlust sei das nicht gerade, meint er, denn zum Schluss hätten die Ditzens das Magazin in eine "Zweitverwertungsmaschine des Mutterblatts" verwandelt. Dort seien "Jugend-und-Schul-Beiträge, Sport und etwas mehr" veröffentlicht worden, etwa "der übliche dpa-Boulevardkrams, den man überall bekommt und Film-News von teleschau.de".

Freitag, 5. November 2010

Nordsee-Zeitung druckt Pressemitteilung des Bremerhavener Magistrats als eigenen Bericht im Lokalteil ab - Peinlichkeiten über Peinlichkeiten...

Seestadtpresse Bremerhaven - Dem journalistischen Trauerspiel um den angeblich so bedeutsamen Deutschen Tourismuspreis setzt die Nordsee-Zeitung selbst eine Peinlichkeitskrone erster Sahne auf: Sie druckt die Presseerklärung des Magistrats ohne wesentliche Veränderungen im redaktionellen Teil ab



Was für einen Nicht-Abonnennten der Bremerhavener Heimatzeitung erst mit Verspätung auffällt, dürfte den meisten Leserinnen und Lesern bisher ebenfalls verborgen geblieben sein. Schließlich gehen die Pressemitteilungen des Magistrats nicht an alle Haushalte der Stadt.

Da diese Pressemitteilungen im Netz nachzulesen sind, reicht ein Klick an dieser Stelle, um die fast vollständige Gleichheit der Texte in der Pressemitteilung und in der Nordsee-Zeitung festzustellen. 

Wie kann sich eine Redaktion, die kommunalpolitisch ernst genommen werden will, dermaßen dämlich vor den offiziellen Propagandismus-Karren der Stadt spannen lassen...

Der "Deutsche Tourismuspreis" scheint die überregionale Presse nicht besonders zu interessieren - Spiegel online fragt: "Haben Sie sich vertippt?"

Seestadtpresse Bremerhaven - Während die Nordsee-Zeitung pflichtgemäß den zweiten Rang der Havenwelten im Wettbewerb um den "Deutschen Tourismuspreis" sogar auf der ersten Seite als Aufmacher kund tut, hält sich die übrige Presse geradezu empörend zurück.

Oder sollte der Deutsche Tourismuspreis gar nicht so bedeutend sein, wie er den Bremerhavenern verkauft werden soll?

Wer das entsprechende Suchwort bei Google eingibt (Freitag, 5. November 2010, etwa 14.15 Uhr), bekommt jedenfalls auf den ersten Seiten nur allerlei Verbände und Institutionen wie die Industrie- und Handelskammern (IHK) zu sehen, die über die Preisverleihung berichten. Der "Südkurier" wird dort auch genannt mit der irritierenden Schlagzeile "Deutscher Tourismuspreis geht in die Kurstadt".

Irgendeine andere Zeitung war in puncto "Deutscher Tourismuspreis" bei Google auf die Schnelle nicht zu entdecken.

Man sieht: Die Provinziellen und die Werbeprofis blieben offensichtlich ganz unter sich.

Und wer bei Spiegel Online nach dem "Deutschen Tourismuspreis" sucht, bekommt als Antwort: "Ihre Suche ergab keinen Treffer. Haben Sie sich vertippt?"

So unbedeutend und unbekannt scheinen Ereignisse zu sein, die von der provinziellen Nordsee-Zeitung als ein bombastischer Erfolg gefeiert werden...

Peinlich, peinlich...

Hingewiesen sei hier auch noch einmal auf den Hintergrundbericht in der Seestadtpresse vom 5. November 2010.

Selbst fabrizierte Lobhudeleien für die Bremerhavener Havenwelten - Nordsee-Zeitung lobt auftragsgemäß wacker mit...

Seestadtpresse Bremerhaven - "Applaus für die Havenwelten" lautet die Schlagzeile der Nordsee-Zeitung am 5. November 2010. Auch wenn es beim Deutschen Tourismuspreis nicht ganz zum ersten Platz reichte, verbuchen die Propagandisten der Havenwelten die Auszeichnung als "tollen Erfolg" und "unschätzbaren Imagefaktor" für Bremerhaven.

Stifter dieses Preises ist der Deutsche Tourismusverband (DTV). Wikipedia fasst die Informationen so zusammen:

"Der Deutsche Tourismusverband e. V. (DTV) ist eine Lobbyorganisation in der deutschen Tourismuspolitik sowie Beratungs- und Koordinationsstelle der nationalen Tourismuswirtschaft. Er stellt den Dachverband kommunaler, regionaler und landesweiter Tourismusorganisationen dar und setzt sich für eine touristische Entwicklung in Deutschland ein. Der Verband ist beratend, zertifizierend und koordinierend in vielen Bereichen des Qualitätstourismus tätig." (Hervorhebungen DK)


Die "zwölfköpfige Jury aus Wirtschaft, Tourismus, Wissenschaft und Medien" ist also aus den Reihen und dem Umfeld dieser Lobbyorganisation besetzt.

Finanziell gefördert wird der Deutsche Tourismuspreis  nach Angabe des DTV "von der Sparkassen-Finanzgruppe, Sparkassen aus Niedersachsen, Ostdeutschland, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein mit dem Sparkassen-Tourismusbarometer. Mit dem ADAC e.V. und Ameropa-Reisen GmbH konnten zudem neue Partner gewonnen werden."


Der Preis wird also unter anderem gestiftet und gefördert von Akteuren, die sich beim Durchsetzen der Projekte als Lobbyorganisationen der heimischen Unternehmerschaft betätigt haben und die mit Hilfe solcher Projekte Geld verdienen. 


Es ist also durchaus denkbar, den Tourismuspreis nicht nur als Eigenlob, sondern auch als pure Werbeveranstaltung zu charakterisieren.


Auch dieses Spiel mit Eigenlob und PR spielt die Nordsee-Zeitung mit, weil sie unter der Oberaufsicht einer IHK-Vizepräsidentin gar nicht anders kann und darf. Das war schon immer ein wichtiger Kern unserer Pressefreiheit.


Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang an den angeblichen "Architektur-Oscar", den die Havenwelten zu Anfang des Jahres 2009 gewonnen haben, sowie an ein angeblich wunderbares Lob für die Havenwelten in der Zeitschrift "Baukultur".

Die Seestadtpresse erläuterte unter dem Datum 4. Februar 2009 die Hintergründe dieses kuriosen Preises, der an 114 (!) Antragsteller verliehen wurde.

Und das große Lob in der Zeitschrift "Baukultur" stammte aus der Bremerhavener Bewerbung für den Deutschen Städtepreis und wurde von BEAN-Chef Dr. Alfred Lüneburg eigenhändig noch ein wenig eingekürzt.

Auch dieses selbst fabrizierte Eigenlob für die Havenwelten wurde seinerzeit von der Nordsee-Zeitung ohne Blick auf die Hintergründe nachgeplappert. Ob das damit zu tun haben könnte, dass der Ditzen-Verlag durch das Drucken von Werbebroschüren und Werbebüchern für die Havenwelten Geld verdient, soll einfach so als Frage in den Raum gestellt werden...

Und noch eine Anmerkung: Laut Pressemitteilung des Magistrats ging der so ungeheuer bedeutsame "Tourismus-Oscar" des Deutschen Tourismus-Verbands in diesem Jahr an "die RUF Jugendreisen Trend Touristik GmbH, die ein Festival-Camp für Teenager auf der Insel Rügen anbietet".

Und unter den weiteren Konkurrenten der Havenwelten befanden sich "so hochkarätige Feriengebiete wie Mecklenburg-Vorpommern, das die 'Tatort'-Stars Axel Prahl und Jan Josef Liefers als wandernde Werber an den Start schickte".

Da sieht man doch ganz deutlich, in welch einer herausragenden Konkurrenz die Bremerhavener Havenwelten den ersten Platz wirklich nicht schaffen konnten.

Donnerstag, 4. November 2010

Lobbyismus in Deutschland arbeitet immer effektiver und immer stärker im Zwielicht - Analyse des Bundestagsabgeordneten Marco Bülow...

Seestadtpresse Bremerhaven - "In Berlin finden täglich Kongresse, Diskussionsrunden, Parlamentarische Abende und Gesprächskreise zu allen erdenklichen Fragestellungen statt. So diskutiert die Republik auf Grafitti-Kongressen, debattiert über die richtige Jagdtradition und macht sich Gedanken, ob gepiercte Frauen verantwortungsvolle Mütter sein können. Kongresse und Diskussionsrunden zum Lobbyismus sucht man dagegen vergeblich." (Hervorhebung DK)

Diese Bemerkung macht der SPD-Bundestagsabgeordnete Marco Bülow in der Einleitung seines Buches "Wir Abnicker – Über Macht und Ohnmacht der Volksvertreter“, Econ 2010.

Das erste Kapitel dieses Buches ist in der Abteilung "Denkanstößes" auf der Webseite des Instituts Solidarische Moderne nachzulesen.

Bülow unterscheidet zwei große Gruppen von Lobbyisten - die privaten Interessenvertreter (private interest groups), zu denen er die großen Wirtschaftsverbände und Unternehmen zählt. Da für sie Gewinnmaximierung und Profit an erster Stelle stehen, bezeichnet Bülow sie als „Profitlobbyisten“.

Als zweite Gruppe nennt er die Vertreter der NGOs oder der politischen und sozialen Verbände (public interest groups), die sich z.B. für die Umwelt, den Verbraucherschutz oder die Rechte von Kindern, Arbeitslosen oder Rentnern einsetzen. Diesen Organisationen gehe es vorwiegend um das öffentliche Interesse und das Allgemeinwohl.

Bülow sieht im Profitlobbyismus große Gefahren für die Demokratie. "Finanzstarke und mächtige Lobbyisten beeinflussen die Politik nicht mehr nur, sondern bestimmen sie maßgeblich mit", meint Bülow und sieht auch Deutschland auf dem Weg zu einer sogenannten "Postdemokratie".

In einer solchen Postdemokratie bleibe die Demokratie formal zwar bestehen, aber letzten Endes setzen sich die wirtschaftlichen Machteliten in immer stärkerem Maße durch. Das entscheidende Mittel dazu bilden die Lobbyisten.

Bülow: "Ich bin davon überzeugt, dass der Profitlobbyismus mitverantwortlich dafür ist, dass unser demokratisches System ausgehöhlt wird."

Und auch die Medien spielen in diesem System laut Bülow ihre Rolle: "Der ökonomische Druck, mit dem (die Medien) zu kämpfen haben, führt zu einem gnadenlosen Wettbewerb um Anzeige- und Werbekunden, die wirtschaftlich wesentlich wichtiger sind als die Zahl der Abonnenten. So bekommen potente Werbekunden natürlich großen Einfluss auf die Medien, den sie naturgemäß nutzen. Darunter leidet die Unabhängigkeit der Medien und auch der Journalisten. Niemand sollte sich einreden lassen, dass Herausgeber oder Chefredakteure darüber hinwegsehen, wenn ihre Journalisten kritisch über einen großen Konzern berichten, der gleichzeitig einer der Hauptwerbekunden ist."

Eine wichtige Folge: "Die Grenzen zwischen Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und Journalismus verschwimmen."

Das Märchen vom deutschen Job-Wunder - Das Medienmagazin "Zapp" zeigt, wie die Mainstream-Medien brav mitspielen...

Seestadtpresse Bremerhaven - In welchem Ausmaß die Arbeitslosenzahlen statistisch manipuliert und geschönt werden, ist seit Jahren bekannt.

Trotzdem spielen die deutschen Mainstream-Medien immer wieder brav mit, wenn die Regierung ihre Propaganda-Aktionen durchführt.

Jüngstes Beispiel dafür ist die Inszenierung der Arbeitsministerin, die in einem wahren Meinungshandstreich die Behauptung von weniger als drei Millionen Arbeitslosen in die Welt setzte.  

Diese Falschaussage wurde mit Hilfe der Medien lauthals in die Welt hinaus trompetet, obwohl die tatsächliche Zahl der Arbeitslosen laut Statistik der Agentur für Arbeit mindestens um eine Million höher ist.
 
So berichtete beispielsweise die Bremerhavener Nordsee-Zeitung am 29. Oktober 2010...

Die Zahl ist in der offiziellen Statistik der Agentur für Arbeit unter dem Stichwort "Unterbeschäftigung" nachzulesen. Zitat von Seite 15: "Im Oktober belief sich die Unterbeschäftigung (ohne Kurzarbeit) auf 4.060.000."

Das Medienmagazin "Zapp" erläutert dieses skandalöse Mitspielen der Medien in seiner Sendung vom 3. November 2010. Der Titel dieser Sendung: "Das Märchen vom 'Job-Wunder'".