Dienstag, 29. September 2009

Nordsee-Zeitung charakterisiert die Linke als "Unfallverursacher" - Zur Beleuchtung des Wahlergebnisses reicht das wohl nicht so ganz...


"Linke als Unfallverursacher" meldet die Nordsee-Zeitung am Dienstag, dem 29. September 2009 - ohne Anführungszeichen oder Fragezeichen, sondern als eindeutige Feststellung der Redaktion.

Illustriert wird diese Feststellung mit einem Foto, auf dem Wahlplakate der Linken zu sehen sind, davor ein vorbeiflitzender Motorradfahrer. Zwar müssen die Plakate erst bis Mittwoch abgehängt sein, aber das drohende Bußgeld im Falle der Untätigkeit wird in der Bildunterschrift nur mit den Linken verknüpft. Auch das Foto kennzeichnet sie als (potentielle) "Unfallverursacher".

Im NZ-Text wird dann deutlich, dass die Überschrift nichts als eine Einschätzung aus den Reihen der SPD etwas provokativ zusammenfassen soll.

Normalerweise wird ein solcher Versuch in einer seriösen Zeitung mit Hilfe von Anführungszeichen oder zumindest einem Fragezeichen in der Überschrift verdeutlicht. Das verweist auf die Distanz der Redaktion zu der berichteten Behauptung.

Die NZ stellt dagegen ohne eine solche Distanzierung fest: "Linke als Unfallverursacher".

Sonst legt die NZ häufig Wert auf die Trennung von Kommentar und Nachricht.

Sie achtet nach eigenen Angaben auch darauf, dass die Gegenseite in einem Text zu Wort kommt. Zwar enthält der Text alle möglichen Einschätzungen über die Partei "Die Linke". Irgendeiner ihrer Sprecher kommt aber nirgends zu Wort, um zur Rolle als Unfallverursacher etwas zu sagen.

Der könnte vielleicht erklären, dass einer der Unfallverursacher im tiefen Falle der SPD beispielsweise Schröder heißt und dass dieser Schröder eine ganze Reihe von Helfershelfern hatte, die bis heute den durch Wahlentscheidungen kritisierten Kurs der Partei bestimmen.

Wer sich für eine ernsthaftere Aufarbeitung des SPD-Debakels interessiert, könnte beispielsweise auf der Seite von Joachim Jahnke nachblättern.

Jahnkes Kerngedanke:

"Wenn die SPD nicht begreift, was sie falsch gemacht hat, wird sie nicht aus ihrer selbstverhängten babylonischen Gefangenschaft herausfinden. In diesem Zeitraum wurde Deutschland, vor allem durch einen wuchernden Niedriglohnsektor, die damit zusammenhängenden Hartz-Reformen und durch massive Steuersenkungen für Unternehmen und Spitzenverdiener und unter bewusster Ausnützung der Druckmechanik aus der Globalisierung zum neoliberalsten Land in Europa. Pro Kopf der Bevölkerung konnte es in der Zahl der Milliardäre sogar die USA überholen."

Donnerstag, 3. September 2009

Wie wirkt sich die Macht großer Konzerne aus? - Paul Krugman kommentiert...

(Seestadtpresse) Wenn kluge Leute Zwischenbilanzen ziehen, lohnt sich oft das Hinhören.

Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Paul Krugman gehört zu diesen klugen Leuten, und er verglich in der New York Times vom 31. August 2009 das Schicksal der großen Gesundheitsreform heute mit den Zeiten vor etwa 35 Jahren, als Richard Nixon Präsident war.

Krugman nennt als erhebliche Unterschiede nicht nur eine andere Republikanische Partei (sie habe damals zumindest noch über führende Personen verfügt, die rational über politische Fragen diskutieren konnten; heute charakterisiert er die G.O.P. als eine extremistische Partei).

Krugman verweist auch darauf, dass damals politische Entscheidungen noch längst nicht so stark durch die finanzielle Macht der großen Konzerne ("corporate cash") beeinflusst wurden.

Krugman spricht von einer kräftigen Ausdehnung des Einflusses der Konzerne ("vast expansion of corporate influence"). Dies sei deutlich an den Diskussionen über die amerikanische Gesundheitspolitik zu spüren.

Allerdings lässt er keinen Zweifel daran, dass die großen Konzerne auch jeden anderen Reformversuch, der nicht in ihrem Interesse abläuft, zu einem Spießrutenlaufen zwischen Lobbyarbeit und Lügen ("gantlet of lobbying and lies") machen würden.

Auf diese Weise werde ein zutiefst disfunktionales politisches System durch fest eingewurzelte Interessen aufrechterhalten, so Krugman.

Wie weit Deutschland auf diesem Weg ebenfalls vorangekommen ist, ist leicht an der Berichterstattung über tagespolitische Auseinandersetzungen abzulesen.