Seestadtpresse Bremerhaven -
Häufiger zitiert wird eine sehr richtige und sehr prägnante Bemerkung des Philosophen Jean-Jacques Rousseaus: "Zwischen dem Schwachen und dem Starken ist es die Freiheit, die unterdrückt und das Gesetz, das befreit."
Mit dieser Feststellung wird eine Behauptung zurückgewiesen, die auch in der aktuellen politischen Debatte eine Rolle spielt. Wenn nämlich für freiheitliches Handeln im Wirtschaftsleben immer mehr frühere Schutzschranken beseitigt werden, dann leiden die Schwächeren in der Gesellschaft, und nur die Starken und die Reichen profitieren von einer so verstandenen "Befreiung".
Dieser Gedanke ist gut und richtig und wichtig und sollte allen neoliberalen Vorkämpfern für noch größere Freiheiten beim Ausplündern von Menschen um die Ohren gehauen werden.
Allerdings sollte beachtet werden, dass diese schöne Bemerkung offensichtlich gar nicht von Rousseau stammt, sondern von dem Dominikaner Henri-Dominique Lacordaire.
Lacordaire hat in den Jahren nach 1835 berühmt gewordene Vorträge in der Pariser Kirche Notre-Dames gehalten, die mehrfach in Buchausgaben erschienen sind.
In einer dieser Reden aus dem Jahr 1848 sagt er, dass "entre le fort et le faible, entre le riche et le pauvre, entre le maitre et le serviteur, c'est la liberté qui opprime, et la loi qui affranchit."
Also etwa: "Zwischen dem Starken und dem Schwachen, zwischen dem Reichen und dem Armen, zwischen dem Herrn und dem Knecht, da ist es die Freiheit, die unterdrückt und das Gesetz, das Schutz bietet."
Dieser Text ist hier nachzulesen.
Im Nachhinein ist mir noch eine Seite vor Augen gekommen, die den Zusammenhang des Zitats ausführlich erläutert - unter "Rossäpfel-Exkurse".
In der Berliner Tageszeitung "junge Welt" vom 4. August 2010 findet sich ein interessanter Text von Arnold Schölzel, der sich mit unseren heutigen neoliberalen Propagandisten der Ungleichheit auseinandersetzt. Auch dort kommt das angebliche Rousseau-Zitat vor.
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