Mittwoch, 22. Dezember 2010

Verwirrte Nordsee-Zeitung mit kuriosen Fehlern - Befördern die neuen (und billigeren) Strukturen der Redaktion möglicherweise ein beliebiges Durcheinander?

Seestadtpresse Bremerhaven - Journalismus kann ein hartes Brot sein, weil der Schreiberling von so vielen misstrauischen oder gar hämischen Menschen beobachtet wird.

Immerhin zwingt das zu einer gewissen Sorgfalt, und das ist auch nichts Schlechtes für diese Branche.

In manchen Zeitungshäusern sind aber Strukturen geschaffen worden, die so sparsam, engbrüstig oder kleingeistig gestrickt wurden, dass es zwangsläufig zu teilweise kuriosen Fehlern kommen muss.

Nehmen wir ein ganz kleines Beispiel aus der Nordsee-Zeitung, die sich aus Gründen der Einsparung ein sehr wimmelig daher kommendes Konzept zusammengebastelt hat.

Nordsee-Zeitung vom 21. Dezember 2010
 "Lange arbeiten ist gesund", sagt eine Studie laut Überschrift in der Nordsee-Zeitung.

Diese Überschrift wundert manche Leserin so wenig wie manchen Leser, denn solche Aussagen freuen die heimische Industrie- und Handelskammer (IHK) und mit der ist die Nordsee-Zeitung bekanntlich emotional und geschäftlich sehr verbunden.

Ein Blick auf den darunter stehenden Text zeigt allerdings sehr deutlich, dass die zitierte Studie das genaue Gegenteil aussagt: Je länger die wöchentlichen Arbeitszeiten, desto häufiger treten Schlafstörungen, Rückenschmerzen und Herzbeschwerden auf.

Die korrekte Überschrift für den Text müsste also lauten: "Lange arbeiten ist nicht gesund". So steht es klipp und klar im Text, auch wenn sich die IHK darüber nicht so recht freuen mag.

Solche Verwechslungen sind beileibe kein Einzelfall, und daher darf die Frage erlaubt sein, welche Mechanismen und Strukturen innerhalb der Redaktion solche Fehler befördern.

Fast noch kurioser ist ein Beispiel aus der Nordsee-Zeitung vom 18. Dezember 2010. In dieser einen Ausgabe wird gleich dreimal dieselbe Botschaft übermittelt - nämlich dass die früher unter dem Namen "Pilefunk" bekannt gewordene Band am 22. Dezember im Pferdestall auf der Bühne steht.

Die Texte zeigen erhebliche Übereinstimmungen und erschienen in drei verschiedenen Rubriken - "Lokale Kultur", "Veranstaltungen" und "Musik-Journal".

Nordsee-Zeitung von 18. Dezember 2010, Seite 9, 22 und 41
Vielleicht wäre es doch schlauer gewesen, das Blattmachen nicht in lauter Beliebigkeiten und Zufälligkeiten aufzulösen und statt dessen beispielsweise eine federführende Kulturredaktion beizubehalten.

Donnerstag, 16. Dezember 2010

Wirkliche Wetterkatastrophen oder nur Verschlechterung der Bedingungen, damit fertig zu werden? - Eine Anmerkung zur Wetterberichterstattung...

Seestadtpresse Bremerhaven - Einen ganz interessanten Gedanken zu der geradezu in Mode gekommenen Katastrophen-Wetter-Berichterstattung erwähnten kürzlich die Nachdenkseiten von Albrecht Müller und Wolfgang Lieb.

Als beliebiges Beispiel ein Auszug aus der Nordsee-Zeitung vom 15. Dezember 2010
"Der Beitrag der öffentlichen Wetterberichterstattung zur gesteuerten Meinungsmache wird kaum erkannt" - so lautet der etwas verschwörerische Titel des Beitrags, der durch einen Klick an dieser Stelle angesteuert werden kann.

Ein Leserbriefschreiber machte darauf aufmerksam, dass seit einigen Jahren vollkommen normale Winterverhältnisse in immer stärkerem Ausmaß zu katastrophalen Situationen umgedeutet werden: "Wer ein wenig älter ist, müsste sich eigentlich problemlos erinnern können, dass die letzten etwas strengeren Winter noch vor 20 oder 30 Jahren der Normalfall waren. Und damals gab es weder auf den Autobahnen noch im Schienenverkehr oder bei der Versorgung entlegener Dörfer mit Strom größere Probleme."

In diesen vergangenen Zeiten seien nämlich einfach genügend Räumfahrzeuge und genügend einsatzbereites Personal an Straßen und Bahnlinien sowie eine sorgfältig gewartete Infrastruktur vorhanden gewesen.

Genau in diesen Punkten sei aber im Zuge der Privatisierungswut immer stärker gespart worden.

Die Schlussfolgerung auf den Nachdenkseiten: "Es fällt heutzutage praktisch niemandem auf, dass die heftigen Folgen der Winterverhältnisse nicht dem Wetter zuzuschreiben sind, sondern der herbeigeführten Verschlechterung der Möglichkeiten, damit umzugehen."

Dienstag, 14. Dezember 2010

Jetzt berichtet auch der Spiegel über die heftige Kritik an der israelischen Politik, wenn auch sehr versteckt...

Seestadtpresse Bremerhaven - Etwas zaghaft versteckt in einem längeren Text, aber immerhin: Jetzt kommt auch Spiegel Online am 13. Dezember 2010 mit Informationen über den Brief, in dem "26 frühere europäische Spitzenpolitiker die Europäische Union aufrufen, im Nahostkonflikt mehr Druck auf Israel auszuüben", so die Botschaft des "in einem schroffen Ton verfassten" Briefs.

Laut Spiegel Online verlangen die Unterzeichner, "Israel schon beim nächsten EU-Gipfel am kommenden Donnerstag in Brüssel ultimativ aufzufordern, den Bau von Siedlungen in den besetzten Palästinensergebieten einzustellen. 'Israels andauernde Siedlungsaktivität ist lebensbedrohlich für die Aussicht auf die Gründung eines souveränen, lebensfähigen Staates Palästina', heißt es in dem Brief. Die EU solle a uch Sanktionen und Boykotte in Betracht ziehen, um Israel zur Einstellung des Siedlungsbaus zu bringen." (Hervorhebung DK)


Spiegel Online berichtet, linksliberale Kommentatoren in Israel begrüßten den "neuen, scharfen Wind aus dem Westen", wie Kolumnist und Siedler-Experte der Zeitung "Haaretz" den zu beobachtenden Trend nennt. "Israel hat nicht verstanden, dass es für sehr lange Zeit sehr viel umsonst bekommen hat", sagte Eldar gegenüber Spiegel Online. Die USA hätten Jerusalem unendlich viel durchgehen lassen, doch nun scheine die Ära der Toleranz sich dem Ende zuzuneigen. 

In der Süddeutschen Zeitung, der taz, dem stern usw. war in den Online-Ausgaben weiterhin nichts von diesem Donnerschlag der europäischen Spitzenpolitiker zu vernehmen.

Bleibt abzuwarten, ob dieses Stillschweigen bereits mit der PR-Offensive der israelischen Botschaften zusammenhängt, über die die israelische Zeitung Haaretz am 28. November 2010 berichtete...

Montag, 13. Dezember 2010

Heftige Kritik an israelischer Politik bleibt in der deutschen Presse weitgehend unbeachtet - Brief von Helmut Schmidt, Romano Prodi und anderen...

Seestadtpresse Bremerhaven - "Das Scheitern der USA, Israel zu einer einer Erneuerung des Siedlungsbaustopps zu bewegen, wirft hohe Wellen. In einem ungewöhnlichen Brief rufen 26 ehemalige europäische Staatsoberhäupter, Minister und Vorsteher von europäischen Organisationen die EU dazu auf, gegen Israel auf verschiedenen Ebenen vorzugehen" - mit diesem Satz beginnt ein Bericht der schweizerischen Zeitung "20 Minuten online", der am 10. Dezember 2010 veröffentlicht wurde (Hervorhebung DK).

Zu diesen prominenten Briefschreibern in Sachen Israel gehören unter anderem Richard von Weizsäcker, Helmut Schmidt, Javier Solana, Felipe Gonzalez und Romano Prodi - in der internationalen Politik sicherlich nicht gerade als Leichtgewichte einzustufen.

Trotzdem sind in der europäischen und insbesondere in der deutschen Presse bisher nur sehr wenig Berichte über diesen Brief zu finden (zu den Ausnahmen zählen die BBC vom 10. Dezember 2010, der "eu observer" vom 10. Dezember 2010, der Guardian am 10. Dezember 2010, die israelische Zeitung Haaretz am 10. Dezember 2010, die Berliner Zeitung Neues Deutschland am 11. Dezember 2010 und die Berliner Tageszeitung "junge Welt" vom 13. Dezember 2010).

Formuliert und an die EU-Spitze übermittelt wurde der Brief bereits Mitte November 2010. 

Sehr merkwürdig, das Schweigen der vielen anderen Zeitungen.

Oder auch nicht, denn die Briefschreiber äußern sich eben sehr kritisch gegenüber der aktuellen israelischen Palästina-Politik, und das ist für sehr viele deutsche Zeitungen offensichtlich ein allzu heikles Thema.

«Die EU macht seit Jahrzehnten unmissverständlich klar, dass sie die Siedlungen in den besetzten Gebieten als illegal erachtet, doch Israel baut sie weiter. Wie jedes andere Land sollte Israel für seine Handlungen zur Verantwortung gezogen werden. Die Glaubwürdigkeit der EU steht auf dem Spiel.» So zitiert "20 Minuten" aus dem Brief.

Und so bringt "20 Minuten" die Botschaft des Briefes auf den Punkt: "In letzter Konsequenz raten die ehemaligen Politiker der EU-Führung, das zu machen, was die USA nicht können oder nicht wollen: Israel zu bestrafen, wenn das Land sich den Forderungen der internationalen Staatengemeinschaft widersetzt. Nicht mit Anreizen, wie es zuletzt die USA versuchten, sondern mit Strafen soll Israel zum Einlenken bewegt werden." (Hervorhebung DK)

Bleibt abzuwarten, ob sich die deutsche Presse noch viel länger vor einer Berichterstattung über diesen Brief und vor einer Diskussion über die geäußerten Forderungen drücken kann.

Es ist natürlich denkbar, dass die ganze Geschichte mit dem Brief der alten Staatsmänner und -frauen eine Lügengeschichte ist, vor der sich die Medien mit Recht drücken.

Falls die Sache aber doch wahr sein sollte, dann müssten sich die Medien mit ihrer Nicht-Berichterstattung lügenhaftes Verhalten vorhalten lassen. Schließlich hängt das Verschweigen der Wahrheit ganz eng mit dem Lügen zusammen.

Mittwoch, 1. Dezember 2010

Arbeitslosigkeit in Bremerhaven im Jahresvergleich gestiegen - Nordsee-Zeitung wählt lieber eine positiv klingende Überschrift aus...

Seestadtpresse Bremerhaven - Mit ihren Überschriften setzt die Nordsee-Zeitung (NZ) gelegentlich ebenso merkwürdige Akzente wie mit ihren Statistiken.

"Wieder mehr freie Stellen gemeldet", titelt die NZ im Lokalteil der Ausgabe vom 1. Dezember 2010. Und im Untertitel heißt es: "Arbeitslosigkeit verharrt bei elf Prozent im Arbeitsamtsbezirk".

Nordsee-Zeitung vom 1. Dezember 2010, Seite 10 (Lokalteil)

Diese Feststellungen sind zwar richtig, aber sie picken sich einen einzelnen Aspekt sowie einen sehr kurzfristigen Vergleichszeitraum heraus. Wer nämlich den langfristigen Vergleich mit demselben Monat des Vorjahres (also mit November 2010) wählt, entdeckt einen Anstieg der Arbeitslosenzahl um mehr als tausend Menschen - von 10.630 auf 11.769. Das ist für den gesamten Arbeitsamtsbezirk, zu dem außer der Stadt Bremerhaven auch der Altkreis Wesermünde gehört, eine Steigerung um gut 10 Prozent.

Könnte es sein, dass diese deutliche Zunahme der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vorjahr eine wichtigere Botschaft ist als der Hinweis auf die gestiegene Zahl der offenen Stellen?

Darüber lässt sich mit Recht streiten.

Aber nicht zu bestreiten ist die Tatsache, dass die Überschrift "Wieder mehr freie Stellen gemeldet" sich erheblich besser anhört als die Überschrift "Wieder mehr Arbeitslose gemeldet".

Festzuhalten ist an dieser Stelle, dass alle diese Angaben im Text sehr wohl korrekt und differenziert angesprochen werden.

Etwas merkwürdig kommt auch die Statistik auf der Titelseite der Nordsee-Zeitung daher.

Nordsee-Zeitung 1. Dezember 2010, Seite 1

Dort wird für die Stadt Bremerhaven eine gleich bleibende Quote von 16,4 Prozent gemeldet. Wer näher hinsieht, kann aber erkennen, dass hier wieder nur der kurzfristige Vergleich zum Vormonat gewählt wurde.

Hätte die Nordsee-Zeitung die Daten von November 2010 und November 2009 verglichen, dann müsste sie die Lage deutlich negativer beschreiben: Denn für die Stadt Bremerhaven ist die Arbeitslosenquote im Jahresvergleich von 14,4 Prozent auf 16,4 Prozent nach oben geklettert.

Nur durch die Wahl des kurzfristigen Vergleichs zum Vormonat kommt die positive Meldung zustande. Auffällig ist, dass in derselben Statistik die Arbeitslosenquote für das Bundesgebiet nicht nur kurzfristig mit dem Vormonat, sondern auch langfristig mit dem Vorjahresmonat verglichen wird.

Das zeigt, dass die Arbeitslosigkeit in der Stadt Bremerhaven gegen den Trend im Bundesgebiet angestiegen ist. Im Bundesgebiet sank die Arbeitslosigkeit in dieser Zeit nämlich von 7,6 auf 7,0 Prozent.