Freitag, 11. Juni 2010

"Fall Emmely": Bundesarbeitsgericht stuft Rauswurf nach 31 Jahren wegen unterschlagener Pfandbons im Wert von 1,30 Euro als rechtswidrig ein - Die FAZ kommentiert überraschend...

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) weicht zwar von ihrem Grundkurs nie sehr weit ab und vertritt verlässlich die politischen Positionen der reichen deutschen Eliten, aber gelegentlich ist das Blatt durchaus für kleine Überraschungen gut.

So wundert sich die FAZ in ihrer gedruckten Ausgabe vom 11. Juni 2010 über die bisherige Rechtsprechung der Arbeitsgerichte, die stets hohe Ansprüche an die Zuverlässigkeit der Beschäftigten gestellten hätten.

Kommentar der FAZ: "Merkwürdig: Hier werden an die oft schwarz beschäftigten oder mit Kameras überwachten Angehörigen der unteren Lohngruppen Ansprüche gestellt, die selbst das Top-Management nicht erfüllt."

Schließlich sei beim Top-Management die "private Nutzung von Mitteln des Arbeitgebers" durchaus die Regel, "und da geht es nicht nur um 1,30 Euro", so die FAZ.

Eine Anmerkung des sorbischen Dichters Jurij Brezan: "Irgendwie stimmt die Optik nicht, wenn man am Großen das Krumme nicht so sehr, am Kleinen aber um so deutlicher sieht."

Freitag, 4. Juni 2010

Israel-Berichterstattung in der deutschen Presse mit gelegentlicher Schlagseite - Beispiel: Die Äußerungen des Schriftstellers Henning Mankell...

Wer die Einäugigkeit und Befangenheit in vielen deutschen Zeitungen und anderen Medien gegenüber Israel betrachten möchte, möge einen kleinen Vergleich am Beispiel des schwedischen Schriftstellers Henning Mankell durchführen.

Mankell beteiligte sich vor wenigen Tagen an dem Versuch, mit Hilfe mehrere Schiffe die israelische Blockade des Gaza-Streifens zu durchbrechen und Hilfsgüter zu den seit Jahren von der Außenwelt abgeschnittenen Menschen zu bringen. Das israelische Militär sorgte für ein blutiges Ende dieses Versuchs und löste mit seinem brutalen Vorgehen in internationalen Gewässern weltweite Proteste aus. 

Mankell gab über seine Beobachtungen während der Fahrt während einer Pressekonferenz in Berlin Auskunft. Das Protokoll dieser Pressekonferenz wurde in der Tageszeitung "junge Welt" vom 5. Juni 2010 dokumentiert und sollte als Basis zuerst gelesen werden.

In einer Einleitung zu dieser Dokumentation erinnert die Redaktion - sozusagen als Begründung für den Abdruck der Dokumentation - an die Berichterstattung deutscher Zeitungen aus der Berliner Volksbühne, wo sich laut "junge Welt" "»eine knappe Hundertschaft Journalisten und Kameraleute versammelt« (Spiegel online) hatte. Bild (Freitagausgabe) erklärte den Bestsellerautor ob seiner Ausführungen (»steigert sich immer mehr in seine absurde Wut auf Israel hinein«) zum »Verlierer des Tages«. Die Süddeutsche Zeitung meldete, Mankell habe »mit einem Furor über den grauenhaften Morgen im Mittelmeer« gesprochen. Der Autor verdiene viele Millionen mit Krimis und leiste sich den Luxus, ein linker Moralist zu sein."

Wer die Texte nachlesen möchte, kann die folgenden Links nutzen - zum Spiegel-Text vom 3. Juni 2010, zur Süddeutschen Zeitung vom 4. Juni 2010, zur Berliner Tageszeitung taz vom 4. Juni 2010 mit einem Kommentar von Stefan Reinicke unter der Überschrift "Der aufgebrachte Passagier".

Selbstverständlich kann in all diesen Beispielen nicht von Hetze oder ähnlich schlimmen Vorwürfen die Rede sein, sehr wohl aber von klammheimlicher Häme und kleinlichen Unterstellungen.

Mensch muss allerdings schon etwas genauer hinsehen und auf die Zwischentöne achten, um das zu erkennen.

Donnerstag, 3. Juni 2010

Bremerhaven: "Giftstaub am Yin-Yang-Platz" - Bericht in der taz...

Seestadtpresse Bremerhaven

Die Berichterstattung der Nordsee-Zeitung über die Bremerhavener Mülldeponie Grauer Wall ist das eine.

Etwas anders sieht die Berichterstattung der Tageszeitung taz in deren Bremer Teil am 31. Mai 2010 aus.

Man möge vergleichen.

Bremerhaven: Negative Entwicklung des Arbeitsmarkts in der Nordsee-Zeitung nicht besonders kritisch beleuchtet...

Seestadtpresse Bremerhaven
Der Bremerhavener Arbeitsmarkt steht immer noch auf sehr schwächlichen Beinen. "Saisontypische Belebung schwach", titelt die Nordsee-Zeitung am 2. Juni 2010 und verweist auf die weiterhin hohe Arbeitslosenquote von 16,3 Prozent in der Stadt.

Allerdings wirkt es etwas eigenartig, das Wort "Belebung" im Zusammenhang mit einer Entwicklung zu verwenden, die durch einen Anstieg der Arbeitslosigkeit charakterisiert ist - von 15,7 Prozent im Mai 2009 auf 16,3 Prozent im Mai 2010.

Hinzu kommen Punkte, die die Bremerhavener Situation noch negativer erscheinen lassen.

"Statistische Umstellung führt zu 18-Jahres-Bestwert", titelt beispielsweise die Stuttgarter Zeitung am 2. Juni 2010 über die Gesamtentwicklung in Deutschland und vermeldet eine Mai-Arbeitslosigkeit "so niedrig wie seit 1992 nicht mehr". 

Vor diesem positiven Bundestrend steht Bremerhaven noch schlechter da.

Laut Stuttgarter Zeitung ist dieser positive Bundestrend zudem besonderen Umständen zuzuschreiben: "Kurzarbeit, Teilzeit und neue Zählweisen begünstigen die Lage."

So sei eine Veränderung der Statistik für fast die Hälfte des positiven Effekts verantwortlich, und die immer noch hohe Zahl der Kurzarbeiter entlastet die Statistik zusätzlich.

Ein großer Teil der positiven Entwicklung sei darüber hinaus darauf zurückzuführen, dass deutlich mehr Teilzeitstellen entstanden sind, währen die Zahl der Vollzeitstellen bundesweit gesunken sei.

Für Bremerhaven hätte man sich eine ähnlich differenzierte Analyse gewünscht.

Der Arbeitsmarktbericht der Agentur für Arbeit gibt keine Antworten auf solche Fragen, und auch die Nordsee-Zeitung hat eine solche Analyse nicht geliefert.